Wider die "Amazonisierung"

Die schlechten Nachrichten zuerst: Der Druck auf den deutschen Einzelhandel steigt und steigt. Das Geschäftsklima hat sich laut dem ifo-lnstitut merklich abgekühlt, die Erwartungen der Unternehmer für die kommende Zeit sind entsprechend verhalten.

Das verwundert nicht, besonders Betreiber kleiner Ladengeschäfte sehen sich einer geschäftsstrategischen Steilwand gegenüber: Online-Boom, Preisdruck, sinkende Kundenfrequenz und nicht zuletzt der gewaltige Akt der eigenen Digitalisierung und damit verbunden auch der Umsetzung der DSGVO. Im Elektrofachhandel fallen diese Faktoren nochmals schwerer ins Gewicht, da die Käuferschaft besonders onlineaffin und anspruchsvoll in Hinblick auf Beratung und Service ist.

Aber! Es gibt auch gute Nachrichten: Der stationäre Handel wird in quasi allen relevanten Branchen weiterhin eine wichtige Rolle spielen. So das Ergebnis der Studie „Trends im Handel 2025" von EHI, HDE, Kantar TNS und KPMG. Die teils gewaltigen Wachstumsraten im Online-Geschäft sollen in den kommenden Jahren hingegen „etwas moderater ausfallen", dem stationären Handel somit eine Verschnaufpause verschaffen. Denn auch der E-Commerce zeigt zunehmend seine Schwächen. Die Retourenquote wächst konstant, die Logistikdienstleister arbeiten am Limit, die Versandkosten könnten in absehbarer Zeit steigen, während die Margen in vielen Produktbereichen sinken. Nichtsdestotrotz werden die Online-Umsätze weiter zulegen, erhöhen den Druck auf den stationären Handel, dessen große Herausforderung dieser Tage es ist, den sich rasant verändernden Anforderungen der Kunden gerecht zu werden.

Der mittelständische Handel braucht daher Unterstützung, unter anderem seitens der Politik in Hinblick auf Besteuerung und Ausbau der innerstädtischen Infrastruktur, wie HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth fordert. Gleichzeitig müssen aber auch die Hersteller für eine klare Trennung der Vertriebskanäle sorgen, um den Preisdruck nicht noch weiter zu befeuern, sowie den Stationären den Weg in Richtung Service-Orientierung und Omnichannel-Strategie ebnen.

Dass es aber nicht an spannenden, zukunftsgerichteten Konzepten fehlt, zeigt ein neu eröffnetes Fachhandelsgeschäft in Köln-Rodenkirchen: ,,Wir lieben Technik", unter diesem Motto will das Experten-Team ganz auf Service und Beratung setzen und somit „seinen Beitrag zum Fortbestand des beratungsstarken Facheinzelhandels" leisten. ,,Damit setzen wir ein klares Statement gegen die zunehmende ,Amazonisierung', sprich den anonymen und beratungslosen Online-Kauf", konstatiert Filialleiter Rüdiger Schneider. Ein aussichtsreicher Ansatz, der sich ganz auf die großen Stärken des stationären Handels verlässt und gar nicht erst versucht, die Online-Pure-Player in ihrem Feld zu schlagen.

Quelle: elektrobörse handel 17.06.2019